Nach „Flexen in Miami“ und „Entkommen“ ist mit „Prana Extrem“ im August 2022 Joshua Groß’ drittes Buch bei Matthes & Seitz Berlin erschienen. Darin verbringen der Erzähler Joshua und seine Freundin Lisa einen „immer heißer werdenden Sommer“ (Klappentext) in Tirol, während dem sie den Skispringer Michael und seine Schwester sowie Trainerin Johanna kennenlernen.
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| Chupa Chups spielen eine wichtige Rolle in Joshua Groß' Prana Extrem |
- Der Klappentext
„Riesenlibellen, Chupa Chups, ein gestohlener Meteorit. Ein psychedelischer, immer heißer werdender Sommer in Tirol. Prana Extrem erzählt von der Sehnsucht, die Welt erfassen und sich ihr gleichzeitig hingeben zu wollen.“
- Die Handlung
Auf den ersten Seiten von „Prana Extrem“ breitet der Erzähler Joshua sein Vorhaben aus: „Ich will versuchen, […] die Verklumpungen, die permanent in mir wirken, auf der tiefstmöglichen Ebene mit außerirdischen Lichtwellen zu fluten, bis meine Charakterpanzer brechen.“ Fortan lässt er sich durch Hall in Tirol, wo seine Freundin Lisa Stadtschreiberin ist, Innsbruck und das Örtchen Kurbruck treiben. Die Erzählung kommt erst schwierig in Gang, nimmt aber an Fahrt auf, als Joshua das junge Skisprungtalent Michael an der Innsbrucker Bergiselschanze kennenlernt. Der Erzähler folgt der Einladung, dessen Training in Kurbruck zu besuchen, wo Joshua nicht nur eine Riesenlibelle trifft, sondern auch auf Michaels Schwester und Trainerin Johanna, die ihre eigene Skisprung-Karriere nach einer Verletzung aufgeben musste. Joshua und Lisa ziehen schließlich in eine leerstehende Gästewohnung der Skisprung-Geschwister und verbringen mit ihnen den Sommer zwischen Training, Ausflügen zu den Thermalquellen der Gegend, einem Paintball-Turnier mit Michaels 7 Tanten und kurzen Gesprächen am Kamin oder am Pool. Zwischenzeitlich stoßen Joshuas Oma Suzet und die kleine Tilde zu der Gemeinschaft dazu. Mit den österreichischen Skisprung-Meisterschaften endet der Sommer und kurz darauf der Roman.
- Der Stil
Nach dem Erklären der Motivation des Erzählers auf den ersten Seiten beginnt eine ziemlich lineare Erzählung, die nur unterbrochen wird von transkribierten Passagen aus einem Dokumentar-Film über die Science-Fiction-Autorin Gertrude Rhoxus, die aufmerksame Leser*innen bereits aus „Flexen in Miami“ kennen. Auch stilistisch schließt „Prana Extrem“ an „Flexen in Miami“ an, der Erzähler Joshua lässt Passagen aus Rap-Songs von etwa Lil Wayne in seinen Sprachgebrauch einfließen und erlaubt sich schon mal überdrehte Sätze oder Aussagen wie: „die Höhenangst fickte mir kurz das Gehirn weg.“ Symptomatisch für die Erzählweise ist auch das ständige Reflektieren der Geschehnisse und die Versuche der Erklärung mit Rückgriff auf Denker*innen wie Wilhelm Reich oder Donna Harraway. Durch die Riesenlibellen, Schweife am Himmel und auch die Aura eines geklauten Meteoriten bekommt die Sprache zudem etwas Magisches, vielleicht sogar Trippiges, womit der Roman einer Art „trippigem Realismus“ zugeordnet werden könnte.
- Der Titel
Prana steht für den Lebenshauch, die kosmische Urenergie, womit der Romantitel „Prana Extrem“ einerseits auf die Spiritualität der Hauptfiguren des Romans hinweist, für die es wichtig ist, dass sich alles im Fluss befindet, und die in ihrem Zufluchtsort in Kurbruck eine Art Prana-Gemeinschaft bilden. „Prana muss ungehindert zwischen Scheitelpunkt und Beckenboden fließen“, meint die Trainerin Johanna in Bezug auf das Skispringen. Extremes Prana wird so auch zum notwendigen Mittel für Michael, um sein Talent im Wettkampf auszuschöpfen.
- Die Stelle
Entkommen wird nie ein individueller Akt sein, sagte ich.
„Prana Extrem“ ist laut Klappentext ein Buch, das vom Gelingen tiefer Verbundenheit erzählt. Die Gemeinschaft aus Joshua, Lisa, Michael und Johanna wird im Laufe des Roman unbezwingbar, indem sie bedingungslos füreinander eintreten. Kurz vor den österreichischen Skisprungmeisterschaften gelingt es ihnen sogar, sich in einer James-Turrell-Ausstellung gemeinsam in die vierte Dimension hochzumeditieren.
- Der Autor
Joshua Groß wurde 1989 in Grünsberg geboren und studierte Politikwissenschaft, Ökonomie und Ethik der Textkulturen. Seine ersten Veröffentlichungen erschienen mit „Der Trost von Telefonzellen“ und „Magische Rosinen“ 2013 und 2014 bei starfruit publications. Im Korbinian Verlag erschien 2017 die Novelle „Flauschkontraste“. Bei Matthes & Seitz Berlin erschienen neben „Prana Extrem“ 2020 der Roman „Flexen in Miami“ und 2021 die Textsammlung „Entkommen“. Joshua Groß wurde mit mehreren Preisen und Stipendien ausgezeichnet, darunter dem Anna-Seghers-Preis 2019, dem Hölderlin Förderpreis 2021 und einem Aufenthaltsstipendium des Literarischen Colloquiums Berlin.
- Die Bewertung
8 von 10 Punkten. „Prana Extrem“ schlägt nicht so überraschend ein wie „Flexen in Miami“. Die überbordende Sprache voller trippigem Realismus und Trapsong-Zeilen ist hier nicht mehr neu, anfangs mäandert die etwas herum, bevor sie mit dem Eintrainieren auf die Skisprungturniere ihren Sog entfaltet. Trotzdem ist auch die Lektüre von "Prana Extrem" wieder ein großer Spaß. Originelle Einfälle und immer neue Überraschungen wie die Riesenlibellen, der aus einem Nürnberger Museum geklaute Meteorit, die Chupa-Chups-Lutscher im Samtbeutel, die beiden mit Maggi-Fix-Tütchen spekulierenden Freunde oder auch das Paintball-Turnier mit Michaels sieben Tanten machen „Prana Extrem“ zu einer unterhaltsamen Lektüre auch für Menschen, die nicht so gerne lesen. Zudem vermittelt der Roman in Zeiten der zunehmenden Vereinzelung mit der gelingenden, vollkommen von Vorbehalten befreiten Gemeinschaft aus Lisa, Joshua, Michael und Johanna ein utopisches Potenzial.
- Die Fakten
„Prana Extrem“ von Joshua Groß ist am 18. August 2022 im Verlag Matthes & Seitz Berlin erschienen und kostet 24 Euro für 301 Seiten.
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