Am 5. November wird der Berliner Verlagspreis 2023 verliehen. Ich gehöre auch in diesem Jahr wieder zu den 6 Blogger*innen, welche den Preis auf ihren Kanälen begleiten dürfen. Dieses Jahr wurden uns die Verlage von der Shortlist zugelost. Mir wurde auf diesem Weg der Lukas Verlag zugeteilt, gegründet am 1. Dezember 1995 von Frank Böttcher. Im Interview stellt er den Verlag, seine Themen und sein Publikum vor und geht auf den bisher größten Erfolg der Verlagsgeschichte ein.
Was sind die Themen des Lukas Verlags?
Wir haben ein sehr breites Programmspektrum, das eigentlich zu breit ist für so einen kleinen Verlag wie unseren. Das erste Buch, das wir gemacht haben, war eine hochkomplexe Hegel-Exegese, und das zweite war ein Tagungsband zu Zisterziensern in Brandenburg. Da hat sich schonmal ein Spektrum aufgezeigt, das wir dann ausgefüllt haben - also sprich Philosophie, Literaturgeschichte, Literaturwissenschaft, auch Zeitgeschichte, und gleichzeitig Kunstgeschichte, Landesgeschichte. Immer im Sachbuchbereich, im Fachbuchbereich auch, nie Literatur, nie Lyrik, nie Reiseführer. Immer ein bisschen trockener die Bücher, aber das ist das Spektrum, das wir bedienen.
Wie viele Bücher werden pro Jahr veröffentlicht?
Wir machen das Vier- oder Fünffache dessen, was manch andere kleine Verlage machen. Wir machen zwischen 25 und 30 Büchern pro Jahr, die wir verantworten. Davon machen wir die allermeisten im Haus selbst, von Anfang an, vom Text, über die Gestaltung bis hin zur Vermarktung. Es nimmt allerdings auch zu, weil wir einen ganz guten Ruf haben, dass wir auch mehr oder minder fertige Bücher ins Programm nehmen und unseren Namen sowie unsere Vertriebsstrukturen bereitstellen.
An welches Publikum richtet sich der Verlag?
Unser Publikum ist im Kern ein akademisches. Wir machen auch wissenschaftliche wirklich hardcore Bücher, Tagungsbände und Dissertationen. Ideal ist, wenn sie auch ein breiteres Publikum ansprechen. Den landesgeschichtlich oder zeitgeschichtlich interessierten Laien, über Widerstand im Nationalsozialismus beispielsweise. Das ist ja nicht nur Wissenschaft, das interessiert breiter, sollte breiter interessieren. Es ist immer ein historisch interessiertes Publikum. Wir rudern gegen eine Geschichtsvergessenheit, die in der Gesellschaft immer größer wird. Da sind wir natürlich Enfant perdu, tun aber unser bestes.
Auf welche Kriterien wird beim Verlegen besonders wert gelegt?
Das wichtigste an dem Buch ist der Inhalt, das ist der Text, und ich möchte Texte, ich möchte Themen bearbeiten, denen man nicht die Zeitgebundenheit ansieht, die man nicht auf 20 Jahre genau datieren kann. Ich möchte eine Sprache haben, die man nicht auf 20 Jahre genau datieren kann und mein Ideal ist auch eine Gestaltung, die man nicht datieren kann, sondern die längerfristig wirkt. Das heißt, wir sind bar jeden Zeitgeistes, wir vermeiden den Zeitgeist, unser Verlagsmotto ist „Bücher ohne Verfallsdatum.“
Was war der bisher größte Erfolg des Lukas Verlags?
Das war eine verrückte Sache, die schon fast 20 Jahre her ist. 2004 war der Verlag so gut wie pleite, ich hatte mich damals übernommen, bin zu schnell gewachsen oder etwas übermütig geworden. Wir hatten ein Buch über Emmi Bonhoeffer, das ist die Witwe von Klaus Bonhoeffer, die Schwägerin von Dietrich Bonhoeffer. Ein kleines schmales Büchlein. Das dümpelte so vor sich hin, wir hatten es etwa 1.000 Mal verkauft. Auf verschlungenen Wegen kriegte es dann Günther Jauch in die Hände und stellte just dieses Buch in der damals noch existierenden Literatursendung "Lesen!" von Elke Heidenreich vor. Er hatte uns zum Glück vorher informiert, dass wir denn auch lieferbar sind. Dann kam natürlich das, was kommen musste: Wir landeten auf der Spiegel-Bestsellerliste, Platz 5 über Nacht. Deshalb musst es natürlich auch Denis Scheck besprechen, und plötzlich waren wir in aller Munde. Wir haben dieses Buch jetzt 22.000 Mal verkauft und Lizenzen verkauft nach Holland, an Rowohlt, ins Taschenbuch. Das war der größte Erfolg, es ist leider lange her, das hätten wir gerne wieder. Es zeigt aber auch die Marktmacht von Medien, in aller Ambivalenz. Für uns war es in dem Moment toll, aber es ist auch ein bisschen traurig und tragisch, dass es ohne solche Medien in der Regel schlecht klappt.
Mehr über den Lukas Verlag gibt es hier: https://www.lukasverlag.com
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